Experten begrüßen starken Zuwachs zweisprachiger Kitas

American Boy with Japanese AlphabetIn den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl bilingualer (zweisprachiger) Kindertageseinrichtungen in Deutschland verdreifacht. Dies geht aus einer aktuellen Erhebung des Vereins für frühe Mehrsprachigkeit an Kindertageseinrichtungen und Schulen (FMKS e.V.) hervor. Demnach ist die Summe an Kitas, die neben Deutsch eine weitere Sprache im Alltag verwenden, von 340 im Jahre 2004 auf 1035 (Stichtag: 31.1. 2014) gestiegen.

An der Spitze liegt das Saarland mit 185 deutsch- und französischsprachigen Einrichtungen. Knapp dahinter folgt Berlin (178) mit einem bunten Mix an Zweitsprachen, speziell Englisch und Türkisch sind hier gefragt. Schlusslichter sind Thüringen (5) und Mecklenburg-Vorpommern (2).

Der FMKS ist erfreut über den enormen Zuwachs, setzt sich aber für eine weitere kontinuierliche Zunahme bilingualer Kitas ein. Denn die Nachfrage sei größer als das Angebot und die Bedeutung der Mehrsprachigkeit werde in Deutschland häufig unterschätzt. Mit gezielter Frühförderung in zweisprachigen Einrichtungen könnte sich laut FMKS das hierzulande selten erreichte EU-Ziel, nach dem jedes Kind mindestens drei Sprachen auf hohem Niveau lernen solle, leichter in die Tat umsetzen lassen. Der Verein fordert zudem, bilinguale Kita-Angebote in Grundschulen nahtlos fortzuführen und den Anteil bilingualer Schulen zu erhöhen.

Dennoch bleibt eine Verdreifachung zweisprachiger Kitas in zehn Jahren ein enormer Anstieg, der von Experten der frühen Fremdsprachenforschung begrüßt wird. Für Dr. Edgardis Garlin, Programmleiterin bei KIKUS (Kinder in Kulturen und Sprachen), einem Sprachförderprogramm für Kinder von 3 bis 10 Jahren, ist der klare Trend keine Überraschung. “Die Bundesregierung hat den bundesweiten Ausbau mit der Zusage gefördert, Krippen- und Kitaplätze für alle Kinder bereitzustellen”, erklärt sie. Ein politisches Versprechen, das nicht verwirklicht wurde, aber dafür sorgte, dass viele private Träger Fördermittel in Anspruch nahmen, um mehrsprachige Kitas zu gründen.

Garlin kritisiert allerdings das fehlende Qualitätsmanagement. “Es reicht nicht aus, wenn sich Kitas die Zweisprachigkeit auf die Fahnen schreiben und Fachkräfte einstellen, die eine Sprache perfekt beherrschen.” Erzieherinnen müssten sich fundiertes Wissen über Bilingualität im Kindesalter aneignen, damit alle Kinder kompetent gefördert werden können. “Es gibt große Unterschiede: Ein Teil der Einrichtungen leistet hervorragende Arbeit, in anderen fehlt das nötige Hintergrundwissen.” Sie plädiert für Team-Fortbildungen, intern abgestimmte Kita-Konzepte mit klaren Lernzielen und festen Qualitätsstandards – auch damit die Erwartungen der Eltern nicht enttäuscht werden. Edgardis Garlin sieht außerdem die Gefahr, dass manchen Trägern bilingualer Kitas finanzielle Interessen wichtiger seien als die Lernfortschritte der Kinder.

Aylin Keller, Inhaberin des auf zweisprachige Bücher für das Kindergarten-Alter spezialisierten TALISA Kinderbuch-Verlags, ist vom Boom bilingualer Kitas ebenfalls nicht überrascht. „Die Entwicklung kommt später, als ich dachte“, sagt sie. Speziell in Städten mit einer vielfältigen multikulturellen Bevölkerung hatte sie diese Entwicklung früher erwartet. „Ein wichtiger Faktor ist auch die interkulturelle Dynamik“, so Keller weiter, „insbesondere in Grenzregionen wie dem Saarland oder im Osten Brandenburgs.“ Der gemeinsame EU-Arbeitsmarkt spiele hierbei eine große Rolle.

Wer sich fachkundig über frühkindlichen Spracherwerb informieren möchte, dem sei die Expolingua 2014  am 21. und 22. November empfohlen. Hier präsentiert unter anderem der TALISA Verlag seine Angebote und Programme.